Pepe Lienhard: Für Udo Jürgens war Musik war sein Lebenselixier (2024)

Pepe Lienhard war 37 Jahre mit Udo Jürgens auf Tournee - Für die Show "Da Capo Udo Jürgens" steht er wieder auf der Bühne

28.11.2024 UPDATE: 28.11.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 52 Sekunden

Sein Name ist untrennbar verbunden mit Udo Jürgens, der dieses Jahr 90 Jahre alt geworden wäre. Der Schweizer Pepe Lienhard war 37 Jahre lang das musikalische Rückgrat von Udo Jürgens auf dessen Tourneen. Mit dem 78-Jährigen sprach Olaf Neumann über die Arbeit mit Udo Jürgens, Frank Sinatra und ein einmaliges Erlebnis mit Elton John.

Herr Lienhard, wie häufig haben Sie in den letzten zehn Jahren Musik von Udo Jürgens gehört?

Pepe Lienhard: Am Anfang überhaupt nicht. Sein Tod kam so plötzlich, es war ein richtiger Schock. Ich war am Vorabend noch mit ihm aus, wir haben schön gegessen und viel Wein getrunken. Unser Plan war, bis auf weiteres Konzerte zu spielen. Immer wenn in den ersten Wochen nach seinem Tod seine Musik im Radio lief, musste ich es abstellen, weil mir die Tränen kamen. Wir standen uns wirklich sehr nahe. Sein letztes Konzert überhaupt ist aufgezeichnet worden. Sein Manager und ich saßen vor der Leinwand und weinten, weil Udo so lebendig wirkte.

Nun gehen Sie mit Audio- und Videoaufnahmen von Jürgens auf Tour. Können Sie ihm erst jetzt gerecht werden?

Mit Elvis wurde dergleichen schon mit großen Aufwand und seinen Originalmusikern gemacht. Das war auch gut. Aber man kann es von der Qualität her mit der Technik von heute nicht vergleichen. Wir spielen Udos Originalgesang und seine Klavierspuren ein, das kann man heute mit Hilfe von KI astrein säubern. Da kommt das Klavier genauso rüber wie er es gespielt hat. Darauf legen wir einen Clicktrack, damit der Schlagzeuger und ich mit Udo hundertprozentig synchron spielen. In der Band sind immer noch weitgehend die Musiker von 2014. Sie werden alle live spielen. Sie vermissen die Tourneen mit Udo.

Welchen Udo Jürgens wird man im Konzert erleben?

Es werden Titel eingespielt von seiner letzten Tour und den Tourneen davor. Es sind eigentlich keine Grenzen gesetzt, aber ganz alte Aufnahmen wird man eher nicht hören und sehen. Stattdessen werden alte Bilder von Udo eingespielt.

1977 begann in der Schweiz Ihre Zusammenarbeit mit Udo Jürgens, die 37 Jahre andauern sollte. Wie hat alles angefangen?

Mit einer gemeinsamen Amerikatournee im Winter 1977. Das Pepe Lienhard Sextett und Udo Jürgens waren 1977 beim Eurovision Musikwettbewerb dabei. Er ist dann wegen Steuergeschichten in die Schweiz gezogen und kam bei Freddy Burger unter, der damals mein Manager war. Da kam die Idee auf, eine Tournee in Kanada und den USA zu spielen. Das war noch ganz romantisch, alle waren im selben Wohnmobil unterwegs. Aber es war ein ganz brutaler Winter mit sehr viel Schnee. Unvergesslich unser Konzert an den Niagarafällen, aber das Wohnmobil war nicht geheizt. Grausam. Es gab Konzerte in New York, in Cleveland, überall.

Hat Udo Jürgens damals bei Zugaben schon den Bademantel getragen?

Ich denke, ja. Das war für uns ein normales Ritual. Es ist entstanden, als er einmal nach der dritten Zugabe und nach dem Duschen noch einmal rausmusste. Es war kein geplanter Schachzug.

Wie begeisterte er sein Publikum noch nach 150 Konzerten in Folge?

Das war die Magie von Udo. Er nahm jedes Konzert ernst. Sätze wie "Was für ein Scheißladen" oder "Scheiß-Publikum" hat man von ihm nie gehört. Er hatte auch kein Problem damit, nach 150 Auftritten am Programm noch etwas zu ändern, damit die Kiste läuft. Es gab vor jedem Konzert eine Probe. In Hamburg spielten wir sieben Mal hintereinander im CCH und haben uns jeden Tag zum Proben getroffen. Er kam in den ganzen 37 Jahren nicht einmal zu spät zum Soundcheck.

Sind alle erfolgreichen Künstler so diszipliniert?

Ich hatte das Glück, mit vielen ganz Großen arbeiten zu dürfen, Frank Sinatra, Sammy Davis jr., Quincy Jones, Michael Bublé, Whitney Houston. Die, die ganz oben sind, sind alle top professionell. Mein erstes Konzert mit Sinatra fand 1983 in Monte Carlo statt, an einem Samstag. Donnerstag- und Freitagnachmittag wurde je fünf Stunden geprobt. Sinatra hatte seinen eigenen Dirigenten und Schlagzeuger dabei. Ich habe dieses Konzert sehr ernst genommen und bin eine halbe Stunden früher zur ersten Probe gegangen, da war Sinatra schon da. Das hätte ich nie erwartet. Er hat alles intensiv verfolgt und ganz wenig gesagt. Sinatra war super entspannt, aber auch super fokussiert. Für uns Bigbandmusiker gibt es nichts Größeres als ihn. Von Künstlern der zweiten Liga hingegen, die ich namentlich nicht nennen möchte, habe ich zum Teil eine gewisse Arroganz erlebt. Wenn sie etwas unsicher waren, schauten sie nach hinten, so dass das Publikum das Gefühl hatte, die Band kommt nicht ganz mit. Aber das war nie der Fall!

Pflegte auch "Ol’ Blue Eyes" Rituale auf der Bühne?

Als wir mit Sinatra spielten, war er auch schon 60. Er war sehr ruhig. Mir ist nicht aufgefallen, dass er spezielle Rituale gehabt hätte. Seinen Whiskey hat er natürlich getrunken. Auf einer Australientournee gab es einen Skandal um ihn, er soll eine Journalistin geohrfeigt haben und wurde dafür richtig niedergeschrieben. Man prophezeite ihm das Ende der Karriere, aber er war nach wie vor The Voice mit vollen Shows in Las Vegas. Ein Jahr später fand in Monte Carlo eine Rot-Kreuz-Gala mit ihm und uns als Begleitband statt, im Vorprogramm Elton John. Das war speziell, weil Elton ein großer Sinatra-Fan war und sein "Blue Eyes" extra für ihn umgeschrieben hatte. Er war ja damals auch schon ein Weltstar. Also sang er vorne diesen Song zum Piano in der Annahme, das Sinatra das hinter der Bühne hört. Aber der wusste gar nicht, wer da eigentlich spielt und hat hinterm Vorhang nur geflucht: "Ich will jetzt meine Show machen, der soll mal endlich aufhören da vorne!" Elton John tat mir in dem Moment so leid!

Udo Jürgens kam in seinem Leben auf mehr als 1000 selbst komponierte Songs; "Griechischer Wein" oder "Siebzehn Jahr, blondes Haar" wurden deutsche Hymnen. War er ein Getriebener?

Auf jeden Fall, Musik war sein Lebenselixier. Zuhause saß er jeden Tag am Klavier und hat seine eigenen Lieder geprobt. Udo war ein Musiker mit Leib und Seele, der gerne für sein Publikum gespielt hat. Mit der Zeit ist sein Anspruch gewachsen, und er legte mehr Wert auf die Bearbeitung wichtiger Themen als auf die Hitparade.

Info: Mannheim, Samstag, 30. November, 19.30 Uhr, SAP-Arena. Karten gibt es von 69,90 bis 229 Euro auf www.saparena.de

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